Duma

Duma
Du|ma 〈f. 10
1. russ. Ratsversammlung
2. russ. Rathaus, Stadthaus
3. 〈1906-17; seit 1994〉 das russ. Parlament
[russ.]

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Du|ma, die; -, -s [russ. duma, eigtl. = Gedanke, wohl aus dem Germ. (vgl. got. dom [Akk.] = Ruhm; Urteil)]:
1. Unterhaus im russischen Parlament.
2. (Geschichte) Rat der fürstlichen Gefolgsleute in Russland.
3. russische Stadtverordnetenversammlung von 1870 bis 1917.
4. russisches Parlament von 1906 bis 1917.

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I
Duma
 
[russisch »Gedanke«, zu altslawisch dumat' »nachdenken«] die, -/...my und ...men, Dụmka, das epische Lied der Kosaken, das sich im 15.-17. Jahrhundert in der Ukraine entwickelte (zu unterscheiden vom historischen Lied und der Byline der Russen). Die Duma besang, von Berufssängern (Kobsaren) zur Kobsa (oder Bandura) rezitatorisch improvisiert, mit einem festen Formelbestand historischer Figuren und Ereignisse oder Kosakenkämpfe. Die jüngere Schicht aus der Epoche des Hetmans B. Chmelnickij ist bereits stärker literarisch beeinflusst. - Zu den musikalischen Kennzeichen der Duma gehören Mollfärbung, langsames Tempo und ein elegisch-sentimentaler Ausdruck. Die Duma fand auch Eingang in die Instrumentalmusik besonders osteuropäischer Komponisten des 19. Jahrhunderts, z. B. schrieb A. Dvořák ein Klaviertrio »Dumky« (1891).
 
 
Texte:
 
Istoričeskie pesni malorusskogo naroda, 2 Bde. (1874-75);
 
Melodii ukrains'kich narodnich dum, hg. v. F. Kolessa, 2 Bde. (1910-13).
II
Duma
 
die, -/-s, in Russland Bezeichnung für beratende Versammlungen und gewählte Volksvertretungen:
 
 1) Bojaren-D.renduma, russ.russisch bojạrskaja duma, oberstes Beratungsgremium der russischen Herrscher ohne ausgeprägten rechtlich-institutionellen Charakter. Hervorgegangen aus der älteren Druschina, umfasste sie vor dem 11. Jahrhundert auch Bischöfe und Stadtälteste, später Vertraute des Herrschers, die Spitzen der Verwaltung und Vertreter einflussreicher Adelsfamilien, jedoch ohne klare Abgrenzung. Obwohl die Duma in Moskau in ihren politischen Funktionen verfassungsrechtlich nicht verankert wurde, blieb sie bis Ende des 17. Jahrhunderts die höchste administrative Institution mit beratenden und richterlichen Funktionen. Im 16. Jahrhundert wurden - neben Bojaren und Okolnitschije (zweiter Hofrang nach den Bojaren) - auch Dworjane und Djaken berufen. Peter der Große löste die Duma 1711 im Zuge des Umbaus der Zentralverwaltung (Schaffung des Senats) auf.
 
 2) Stadt-D.Stadtduma, russ.russisch gorodskạja duma, durch die Stadtreform (1785) Katharinas II. geschaffenes Organ städtischer Selbstverwaltung auf ständischer Grundlage, bestehend aus Vertretern der sechs Gruppen: Haus- und Grundbesitzer, Kaufleute, auswärtige Kaufleute, namhafte Bürger, Kleinbürger und Zunftangehörige.
 
Zwischen 1870 und 1917 hieß so die Stadtverordnetenversammlung, die durch die Stadtordnung vom 16. 6. 1870 (revidierte Fassung 1892) nach einem scharfen Zensuswahlrecht in 423 (nach der revidierten Fassung in 758) Städten des russischen Reiches eingerichtet worden war. Ihre Exekutivorgane waren die Stadtverwaltung (uprava) und das Stadtoberhaupt.
 
 3) Reichs-Reichsduma bzw.beziehungsweise Staats-D.Staatsduma, russisch gossudạrstwennaja duma, 1905/06-17 die russische Volksvertretung neben dem Reichsrat als erster Kammer. Zunächst nur als beratende Versammlung vorgesehen, erhielt sie durch das Manifest vom 30. 10. 1905 das Gesetzgebungsrecht, allerdings bei absolutem Vetorecht des Kaisers, dem allein die Minister verantwortlich waren. Die Abgeordneten wurden auf fünf Jahre gewählt nach einem am 24. 12. 1905 erweiterten Wahlrecht, das den Adel und teilweise die Bauern begünstigte und die Frauen generell ausschloss. Zur Wahlversammlung der Gouvernements wurden Wahlmänner entsandt, die sich auf vier Kurien (Grundbesitzer, Bauern, Städter und Arbeiter) verteilten und nach einem unterschiedlichen Wahlmodus ermittelt wurden. Die erste Duma trat am 10. 5. 1906 zusammen, wurde aber ihrer radikalen Haltung wegen schon am 22. 7. aufgelöst. Die noch radikaler zusammengesetzte zweite Duma tagte nur kurz (5. 3.-16. 6. 1907). Über die volle Legislaturperiode hatte allein die dritte Duma Bestand (14. 11. 1907-22. 6. 1912), nachdem das oktroyierte Wahlgesetz vom 16. 6. 1907 eine deutliche konservative Mehrheit gesichert hatte. Aus der vierten Duma (28. 11. 1912-11. 3. 1917), die nach ihrer Auflösung durch Nikolaus II. während der Februarrevolution 1917 ein Exekutivkomitee bildete, ging die Provisorische Regierung hervor.
 
 4) Staats-D.Staatsduma, russ.russisch gossudạrstwennaja duma, im Zweikammerparlament Russlands das Unterhaus (450 Abgeordnete), für das am 12. 12. 1993 erstmals Wahlen stattfanden und dessen konstituierende Sitzung zeitgleich mit der des Föderationsrates (Oberhaus) am 11. 1. 1994 stattfand.

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1Du|ma, die; -, -s [russ. duma, eigtl. = Gedanke, wohl aus dem Germ. (vgl. got. dom [Akk.] = Ruhm; Urteil)]: 1. das Unterhaus im russischen Parlament. 2. (hist.) Rat der fürstlichen Gefolgsleute in Russland. 3. die russische Stadtverordnetenversammlung von 1870 bis 1917. 4. das russische Parlament von 1906 bis 1917.
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2Du|ma, die; -, Dumy u. Dumen [russ. duma, 1Duma]: ukrainisches Volkslied, das historische Ereignisse od. volkstümliche Helden besingt.

Universal-Lexikon. 2012.

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